CMS: Artikel Schule Leiten

Der folgende Text beruht auf dem Artikel “Bildung auf dem Weg ins Neuland” von Dorina Gumm, Steffen Haschler und Benjamin Schlüter (2018). Er wird für die Zeitschrift “Schulverwaltung” für ein Spezialband überarbeitet und zusammengefasst von Marina Braun. Kritik und Hinweise bitte hier einbauen oder in der Diskussion ergänzen.

Artikel

Schulen in eine digitalisierte Welt leiten

Der Chaos Computer Club ist … Seit über 10 Jahren engagieren sich verschiedene Menschen aus den Bereichen IT und Bildung im Projekt „Chaos macht Schule“, um ihr Expertenwissen an der Schnittstelle von Technik und Gesellschaft weitergeben zu können. Durch diese Arbeit sind uns einige Einblicke in die deutsche Schullandschaft möglich, die in diesem Artikel kurz angedeutet werden. Aus den Erfahrungen heraus haben wir Forderungen an die Politik und Vorschläge an die Akteure an Schulen entwickelt, wie Schulen in das digitale „Neuland“ geleitet werden können. Zentral ist für uns dabei der Begriff der digitalen Mündigkeit, der im Folgenden ebenfalls erläutert werden soll.

Computer und Technik sind überall um uns herum. Algorithmen und Netzwerke beeinflussen unser Leben, unsere Umwelt und unsere Gesellschaft. Der Unterricht an vielen Schulen hat sich dagegen in den letzten zwanzig Jahren wenig mit der Digitalisierung beschäftigt oder ihr gar den Einzug in Lehrpläne, Lernräume und didaktische Konzepte ermöglicht. So entsteht eine Diskrepanz zwischen der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen, die in einer mit Smartphones und Internet durchzogenen Welt aufwachsen, und dem Kosmos von Schule und Bildung. Dieses Ungleichgewicht fällt immer mehr Akteuren im Bildungsbereich auf. Auch die große Politik ist in der Zwischenzeit der Ansicht, in der Bildung müsse man im Bereich Digitalisierung aufschließen. Doch schon seit 2007 erhalten die lokalen CCC-Gruppen immer wieder Anfragen von Lehrerinnen und Lehrern, Eltern, Schülerinnen und Schülern oder Schulleitungen mit der Bitte um Unterstützung und Beratung. Dabei drehten sich die Anfragen zunächst um Inhalte über Computer oder das Internet, wurden in den letzten Jahren aber immer vielfältiger. Dem CCC selber ist es wichtig, Wissen und Diskussionen über die Technologien, über ihre Chancen und Risiken, in die breite Gesellschaft zu tragen. So entstand aus dem Bedarf nach Hilfe und unserem Wunsch nach Weitergabe von Bedenken und Wissen das Projekt „Chaos macht Schule“. Das Projekt versammelt Ehrenamtliche in etwa einem Dutzend Städten in Deutschland und Österreich, Tendenz steigend. Je nach Kapazität geben einige Ortsgruppen einige wenige, andere bis zu dreißig Workshops für Schülerinnen und Schüler, Eltern oder Lehrer und Lehrerinnen pro Jahr. Unser erklärtes Ziel ist es dabei, nicht bloßes „Technikwissen“ zu vermitteln, sondern die digitale Mündigkeit der Teilnehmenden zu fördern. Darunter verstehen wir die Fähigkeit, durch technisches Wissen und ethische Diskurse befähigt zu werden, die Folgen des eigenen Handelns in einer technologiebasierten Umgebung abzuschätzen, eine eigene Meinung bilden zu können und auf dieser Grundlage gestalterisch an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben zu können.

Während unserer Besuche haben wir vielfältige Einblicke in die deutsche Bildungslandschaft gewonnen. Uns ist deutlich bewusst geworden, dass fehlende Technik oder Breitbandanbindung nur ein Aspekt eines komplexen Schulentwicklungsprozesses sein kann. Auch die langfristige Organisation, die Einbindung der Kollegen und Kolleginnen durch Aus- und Weiterbildung und der Diskurs über das generelle Verständnis von Schule und Digitalisierung sind wichtige Aspekte, die im Folgenden daher kurz aus unserer Perspektive dargestellt werden sollen. Technik und die langfristige Perspektive

An vielen Schulen scheint Technik für einen digitalisierten Unterricht zu fehlen. Es gibt wenige, veraltete Computer in zu wenigen Computerräumen, die ständig ausgebucht sind. Einzelne Klassen laufen eventuell in Pilotprojekten mit Tablets oder Laptops. Auch ganze Schulen sind in Pilotprojekte eingebunden, wie etwa das Projekt „Start in die nächste Generation“ in Hamburg, das 2014 gestartet und 20161 abgeschlossen wurde. Hier werden die eigenen Geräte der Schülerinnen und Schüler genutzt (BYOD), um digital unterstütztes Lernen und Lehren zu ermöglichen.

Aus diesen Pilotprojekten können jetzt die Schulen des ganzen Landes lernen, wenn sie sich ebenfalls weiter entwickeln wollen – beispielweise mithilfe des Digitalpakts von der  damaligen Bildungsministerin Wanka und auf Grundlage des Strategiepapiers der KMK. Wir möchten den Entscheidungsträgerinnen und -trägern dabei einige Anregungen mit auf den Weg geben.

Unterricht im „Neuland“

Die größten Missstände, die die Kollegen und Kolleginnen in den Gesprächen mit uns immer wieder beklagen, liegen allerdings nicht der technischen Ausstattung der Schulen, sondern in der fehlenden Kompetenz der Lehrkräfte, ihren Unterricht zeitgemäß mithilfe von Technik und zu Fragen der digitalen Lebenswelt zu gestalten. Hier ist zunächst festzustellen, dass selbst der Begriff der „neuen Medien“ bzw. der „Digitalisierung“ kaum eindeutig in einem Kollegium definiert ist. Für die einen ist ein Medium ein Vermittlungskanal von Informationen, für die anderen eine gesellschafts-transformierende Technologie. Die einen möchten gerne ihre Arbeitsblätter skannen, die anderen das Gesamtkonzept von Schule zugunsten einer neuen Art des Lehren und Lernens überwerfen. Wir stellen fest, dass es drei relevante Bereiche gibt, die unter dem Begriff der Digitalisierung zusammengebracht werden:

   1. Unterricht mit Medien digital unterstützen, um Fachkenntnisse zu vermitteln
   2. Unterricht zu digitalen Themen, um Anwendungs- und Technikkenntnisse und Kompetenzen zu vermitteln
   3. Unterricht, um eine allgemeine digitale Mündigkeit zu stärken

Auch der Informatikunterricht, sofern er denn stattfindet, unterscheidet sich von Schule zu Schule gravierend: die einen lernen den Umgang mit einen Schreibprogramm, die anderen erstellen ein Web-Design, wieder andere programmieren oder beschäftigen sich mit dem Aufbau von Netzwerken. Selten wird Informatik als Wissenschaft abgebildet, da es oft von fachfremden Lehrenden unterrichtet wird, die eventuell neben einer Affinität für das Fach noch einen zweitägigen Kurs zu diesem Thema besucht haben. Es wäre definitiv wünschenswert, dass Schulleitungen und andere Entscheidungsträger und -trägerinnen sich vermehrt dafür einsetzen, Referendariatsstellen für Informatiklehrkräfte zu schaffen. Daneben ist es in Zukunft für jeden Lehrer und jede Lehrerin wichtig, über eine „allgemeine Medienkompetenz [zu] verfügen und in ihren fachlichen Zuständigkeiten „Medienexperten“ [zu] werden.“5 Wenn eine Schule die Entwicklung dahingehen befördern möchten, schlagen wir vor, folgende Punkte zu bedenken: